Dienstag, 8. August 2017

Mass Effect: Andromeda - Singleplayer-Review (PS4)


Story:

Im Jahr 2185 beginnt die Andromeda Initiative eine historische Reise. Das Projekt, an dem die einflussreichsten Spezies der Milchstraße teilnehmen, hat sich das Ziel gesetzt, den 2,5 Mio. Lichtjahre entfernten Andromedanebel zu bereisen, zu erforschen und zu besiedeln. Die Initiative schickt vier Archen nach Andromeda, wovon jede eine Spezies beherbergt. An Bord jeder Arche befinden sich je 20.000 Kolonisten, darunter ein sogenannter Pathfinder. Die Aufgabe des Pathfinders besteht darin, die Erkundung des Andromedanebels voranzutreiben und neue Welten zu erschließen, damit die Initiative auf ihnen Außenposten errichten kann. Jeder Pathfinder bekommt zur Unterstützung ein Implantat, welches dem Träger ermöglicht, mit der künstlichen Intelligenz SAM (Simulierte Adaptive Matrix) zu kommunizieren, die einen Pathfinder bei seiner Arbeit unterstützen soll. Im Falle der Menschheit übernimmt Alec Ryder die Aufgabe des Pathfinders. Gemeinsam mit seinen Kindern, den Zwillingen Sarah und Scott, macht sich die Familie auf die Reise in die fremde Galaxie. Nach einer über 600 Jahre währenden Reise im Kryoschlaf durch die Weiten des Universums, erreichen schließlich die Kolonisten ihr Ziel. Doch obwohl sie gerade erst in Andromeda angekommen sind, stecken die Siedler aus der Milchstraße schon in großen Schwierigkeiten. Der Kontakt unter den Archen kann nicht aufgebaut werden und das Heleus-Cluster, eine Region im Andromedanebel wo die Kolonialisierung beginnen soll, wird von einer mysteriösen Substanz namens „Geißel“ heimgesucht. Der Kontakt mit dieser Substanz ist ungemein gefährlich, wie die Menschen auf ihrer Arche Hyperion bei ihrer Ankunft herausfinden. Die Arche wird beim Aufprall mit der Geißel stark beschädigt, wodurch viele Kolonisten im Kryoschlaf ihr Leben verlieren oder nicht aufgeweckt werden können.

Von diesem Schicksal ist auch die Familie Ryder betroffen, dessen ältestes Kind nicht richtig aufgeweckt werden kann und ins Koma fällt. Da sich die Arche in der Nähe von Habitat 7 befindet, einem Planeten, der auf Scans von der Milchstraße aus als ein lebensfreundlicher Planet eingestuft wurde, macht sich ein kleines Team auf den Weg zum Planeten um zu überprüfen, ob er wirklich lebensfähig ist. Doch alles wird nur noch schlimmer. Nicht nur entpuppt sich Habitat 7 als absolut lebensfeindlich für Menschen, auf dem Planeten wüstet auch eine unbekannte Alien-Spezies namens Kett herum, welche beginnt, ohne Vorwarnung auf das Team zu schießen. Wie sich herausstellt untersuchen die Aliens Artefakte, die sich auf dem Planeten befinden, darunter eine riesige Struktur, welche von einer alten, weit fortgeschrittenen Zivilisation erbaut wurde und vorerst als „Relikte“ bezeichnet werden. Die Struktur beeinflusst das gesamte Wetter auf dem Planeten und erzeugt einen gewaltigen Sturm. Dieser hindert das Team, dem auch Alec Ryder und sein Kind angehören, die Flucht zurück zur Arche. Daher setzt sich die Truppe den Außerirdischen entgegen, nähert sich der Struktur und schaltet sie ab, wodurch sich der Sturm auflöst und das Team entkommen kann. Allerdings verliert Alec Ryder dabei sein Leben. Er opfert sich, um sein Kind zu retten, welches nun seine Aufgabe als Pathfinder übernimmt, Andromeda nach lebensfreundlichen Planeten zu untersuchen und die Geheimnisse hinter den Kett, der Geißel und den Relikten aufzuklären.
Erstmal vorweg finde ich es sehr interessant, dass beide potentiellen Charaktere in der Geschichte von Mass Effect: Andromeda ihren Platz haben. Wie Kenner der Reihe wissen, kann man sich zu Beginn aussuchen, ob man als Mann oder Frau spielen möchte. In der alten Mass Effect-Trilogie bedeutete dies, dass es immer nur einen Commander Shepard gibt. Shepard ist entweder ein Mann oder eine Frau, eine zweite Version gibt es nicht. Hier übernimmt man nun je nach gewählten Geschlecht die Rolle von Scott oder Sarah Ryder und während einer der beiden als Pathfinder das Heleus-Cluster erkundet, bleibt der andere im Koma, ist aber stets ein gewisser Teil der Geschichte. Dieser Umgang mit den spielbaren Charakteren gefällt mir besser als in den alten Teilen, da der Verzicht auf einen Shepard des anderen Geschlechts sich ein bisschen wie ein verlorener Charakter anfühlte. Daher gefällt mir es schon mal, dass die Entwickler sich für diese Entscheidung etwas einfallen lassen haben. Ansonsten hat mir die Geschichte aber auch so ziemlich gut gefallen. Die Entdeckung des Heleus-Clusters ist eine lange Reise, bei der viele Geheimnisse aufgedeckt werden, wovon mich einige sehr überrascht haben. Nach dem rasanten Start verliert die Geschichte zwar einiges an Spannung, fängt sich dann aber wieder und geht dann exzellent bis zum Schluss weiter. Schade ist nur, dass man auf so wenige neue Alien-Spezies trifft. Neben den Kett und den Relikten trifft man nur auf die Angarer, dessen Angehöriger Jaal sich später dem Spieler anschließt. Ein paar mehr interessante Spezies wären echt super gewesen. Immerhin werden die eingeführten Spezies umfangreich behandelt und haben eine ausführliche Hintergrundgeschichte.


Gameplay:

Wie in den vorherigen Teilen reist man in Mass Effect: Andromeda von einem Planeten zum nächsten um dort Quests anzunehmen und bei erfolgreichem Abschluss mit Erfahrungspunkten belohnt zu werden. Das Spiel orientiert sich dabei wieder etwas mehr am ersten Teil der Reihe. Anstatt also wie in den letzten beiden Mass Effect-Spielen eine Mission von seinem Raumschiff auszuwählen und diese dann direkt zu starten, führt Andromeda wieder offene Spielwelten ein. Man landet auf Planeten und kann diese frei erkunden. Dazu steht dem Spieler der Nomad zur Verfügung, ein schnelles und wendiges Gefährt, das in nahezu jedem Terrain zurechtkommt. Mit diesem fahrbaren Untersatz begibt man sich zu den Missionen. Wie von der Reihe gewohnt bestehen diese vor allem aus Ballereien aus der Third-Person-Perspektive. Damit diese ein bisschen mehr Geschwindigkeit und Dynamik bekommen, ist man mit einer Rüstung ausgestattet, an der ein Jetpack angebracht ist. Mit diesem kann man weiter springen, kurzzeitig in der Luft schweben und ein Boost auslösen, der den Spieler in hoher Geschwindigkeit nach vorne katapultiert. 

Ein kleines Highlight stellen die unterirdischen Bunker der Relikte dar. In ihnen liefert man sich einige spannende Gefechte gegen die Maschinen dieser untergegangenen Zivilisation und muss obendrein einige Rätsel lösen, um am Ende den Bunker zu reaktivieren und den Planeten lebensfähig zu machen, worauf ich später nochmal zurückkommen werde.
Verfeinert werden die Gefechte durch einige Rollenspielelemente. Auf diese trifft man vor allem im neuen Skill-Menü, dass nun weitaus mehr Freiheiten zulässt, als in der alten Trilogie. Dort musste man sich zu Beginn des Spiels bei der Charaktererstellung eine Klasse auswählen, die festgelegt hat, welche Waffen und Fähigkeiten man während des Spiels benutzen darf. Diese Klassen gibt es zwar auch wieder in Mass Effect: Andromeda, vergeben allerdings nur noch Boni, wie zum Beispiel die Verstärkung bestimmter Fähigkeiten, stärkere Schilde oder eine größere Gesundheitsleiste. Die Fähigkeiten selbst sind nun frei wählbar und lassen sich in einem Set bestehend aus drei Fähigkeiten und einer Klasse jederzeit beliebig kombinieren. Du hast in der bisherigen Mass Effect-Reihe immer nur als Soldat gespielt? Dann freu dich, denn nun kannst du nicht nur deine altbekannten Fähigkeiten wie den Betäubungsschuss einsetzen, sondern hast auch Zugriff auf die technischen und Biotik-Fähigkeiten. Darunter fallen unter anderem Drohnen oder Singularität. Mit gewonnenen Erfahrungspunkten kann man diese Skills wie gewohnt weiter verbessern.
Ein weiteres Feature, das aus dem ersten Mass Effect zurückkehrt, sind die anpassbaren Ausrüstungsgegenstände. Waffen und Rüstungssets sind nun nicht mehr nur frei auswählbar, man kann auch gewisse Teile austauschen und modifizieren. Das Menü wurde dabei sehr gut aufgeräumt und ist nun viel übersichtlicher gestaltet, sodass es einfacher ist, den gewünschten Teil einer Waffe auszutauschen. Das Modifizieren eines Ausrüstungsgegenstands ist jedoch nur möglich, sofern man den entsprechenden Gegenstand selbst hergestellt und nicht bei einem Händler gekauft hat. Um neue Gegenstände herzustellen braucht man zwei Dinge, Forschungspunkte und Materialien. Im Spielverlauf findet man immer wieder Objekte, die man scannen kann. Tut man dies bekommt man die benötigten Forschungspunkte, die man braucht, um Baupläne für die entsprechenden Ausrüstungsgegenstände zu ersteigern. Hat man diese werden nur noch die richtigen Ressourcen gebraucht, um mit der Produktion zu beginnen. Diese findet man in Hülle und Fülle auf den Planeten, wo man sie in bestimmten Gebieten mithilfe von speziellen Förderungsdrohnen ausgraben kann. Alternativ findet man sie auch oft an der Planetenoberfläche in Form kleiner Gesteinsformationen. Wenn man nun beginnt einen Gegenstand herzustellen, kann man diese mit Modifikationen ausstatten, die man auch entweder finden oder selbst erforschen kann. Die Anzahl der verwendbaren Mods hängt von den Slots ab, die ein Gegenstand hat. Pro Slot kann man eine Modifikation dem Gegenstand hinzufügen.
Abseits von den Einsätzen auf Planeten wird man einen guten Teil des Spiels auf dem Raumschiff des Pathfinders, der Tempest, verbringen. Das ist eine gute Gelegenheit mit seiner Crew zu sprechen, was mich zu der überarbeiteten Gesprächsfunktion führt. Wie in den Vorgängern sind Gespräche mit NPCs ein wichtiger Aspekt des Spiels, um die Story voranzutreiben, seine Kameraden besser kennenzulernen und um an zusätzliche Informationen zu kommen. Bei den Gesprächsoptionen konnte man dabei regelmäßig zwischen den zwei verschiedenen Haltungen “Paragon“ und “Renegade“ wählen. Wer sich für Paragon-Weg entschied wurde zum rechtschaffenden Helden, der sich für Frieden im All einsetzt, während der aggressive Renegade rücksichtlos seine eigenen Ziele in die Tat umsetzen wollte, egal ob mit Blutvergießen oder nicht. Die Entscheidung hat häufig den Verlauf der Geschichte beeinflusst und hat sich auch darauf ausgewirkt, was die eigene Crew von ihrem Commander hält. Dieses System wurde für Andromeda verworfen. Stattdessen stellt das Spiel nun vier unterschiedliche Antwortmöglichkeiten zur Verfügung, welche auf verschiedenen Gefühlslagen basieren. Je nachdem für welche Antwort man sich entscheidet, erhält man von seinem Gegenüber eine andere Reaktion. Diese hängt einerseits vom Charakter ab mit dem man spricht und wie er/sie die Antwort aufnimmt. Des Weiteren wird aus den Antworten ein psychologisches Profil erstellt, welches man sich jederzeit im Hauptmenü ansehen kann. Davon abgesehen gibt es auch wieder Entscheidungen, welche den Storyverlauf beeinflussen. Hier gibt es aber kein gut oder böse mehr, sondern nur noch Vor- und Nachteile, welche aus der getroffenen Entscheidung resultieren.
Zum Abschluss möchte ich noch auf ein paar Managing-Aspekte eingehen. Zum einen wären da die APEX-Missionen. Während des gesamten Spiels kann man NPC-Squads auf spezielle Missionen schicken. Schafft es das Squad diese zu erfüllen, winken dem Spieler Belohnungen wie z.B. Rohstoffe. Die APEX-Missionen nehmen nicht sonderlich viel Einfluss auf das Gameplay und kann man mehr als einen kleinen Nebenverdienst betrachten. Etwas wichtiger sind da schon die Andromeda Viability Points, kurz A.V.P. Diese Punkte verdient man vor allem dadurch, indem man die Planeten auf denen man landet lebensfähig macht, sodass man auf ihnen einen Außenposten errichten kann. Aus diesem Grund sollte man sich früher oder später die Bauten der Relikte ansehen, denn diese sind darauf ausgelegt genau das zu tun. Mit genug A.V.P. kann man mehr Leute aus dem Kryoschlaf holen, was im Umkehrschluss einige Vorteile für das Spiel freischaltet. Diese sind mitunter gar nicht mal so schlecht, da man unter anderem einen regelmäßigen Support mit Ressourcen, niedrigere Preise in Shops und höhere Verkaufspreise von Ausrüstungsgegenständen freischalten kann. Zudem bekommt man einen Außenposten, der neue Missionen und zusätzliche Shops und Labore zur Konstruktion von Ausrüstungsgegenständen freischaltet.
Zusammenfassend bringt Mass Effect: Andromeda einige Verbesserungen mit sich. Gerade das Skill- und Ausrüstungssystem, welches die besten Eigenschaften der Vorgänger kombiniert, lässt dem Spieler viele Freiheiten und ist eine wahre Bereicherung für das Gameplay. Das Jetpack bringt zudem etwas mehr Dynamik in die Gefechte und hat mich persönlich auch ein bisschen an Platinum Games Kultshooter Vanquish erinnert, wo ein intelligenter Kampfanzug dem Spieler einige coole Kombos ermöglichte. Ebenfalls gefällt mir die Gesprächsfunktion. In den alten Mass Effect-Spielen wollte ich immer als Paragon spielen, wodurch ich mich bei einigen Entscheidungen aber sehr dazu gezwungen gefühlt habe, eine bestimmte Option zu wählen. Dieses Problem wurde mit dem neuen System beseitigt. Doch auch nicht alles ist besser. So sind gerade am Anfang einige Missionen stinklangweilig. Es sind diese typischen Laufburschenaufträge, wo man eigentlich nur von einer Person zur nächsten rennt, mit ihr redet und so die Mission beendet. Sehe ich aus wie ‘ne Eule oder warum kommen die so oft vor? Obendrauf kommt noch die offene Spielwelt. Wenn man erstmal ein paar Upgrades für den Nomad gekauft hat ist es zwar eigentlich ganz lustig mit dem Ding durch die Gegend zu düsen, aber am Anfang ist die Karre so langsam, dass das Gameplay dadurch extrem an Tempo verliert und einfach langweilig wird. Mit zunehmenden Spielfortschritt verschwinden jedoch diese Probleme und Mass Effect: Andromeda zeigt sein ganzes Potential.


Technik:

Technisch ist Mass Effect: Andromeda leider ziemlich unausgereift. Es sind mir immer wieder Bugs untergekommen, die den Spielspaß massiv störten. Darunter fallen ein kompletter Ausfall des Tons, sich extrem in die Länge ziehende Ladezeiten und seit dem letzten Patch hat das Spiel Probleme die Umgebungen zu laden, sodass das Spiel für einen kurzen Zeitraum einfriert, bevor man weiterspielen kann. Nervig sind auch die Cutscenes, die man jedes Mal ansehen muss, wenn man auf einen Planeten landen will.

Grafisch hat mich das Spiel nicht aus den Socken gehauen, wobei es auch nicht wirklich schlecht aussieht. Mass Effect: Andormeda hat definitiv grafisch sehr schöne Umgebungen. Gerade die Dschungelwelt von Hazard und die Eiswüste auf Voeld sind mir positiv aufgefallen. Die Vertonung der Charaktere ist wieder sehr gut gelungen. Die Sprecher haben allesamt einen guten Job gemacht und von den schlechten Gesichtsanimationen, für die Mass Effect: Andromeda berühmt berüchtigt wurde, ist nicht mehr viel übrig. Die KI der NPCs ist im Großen und Ganzen gut gelungen. Mit dem Verhalten meiner Crew war ich eigentlich nie unzufrieden. Daher habe ich nie von der Funktion gebrauch gemacht, sie zu bestimmten Positionen zu beordern. Gegner hingegen haben einen leicht unterdurchschnittlichen IQ und tendieren manchmal dazu strategisch sehr unvorteilhaft zu agieren. In der Regel gibt es aber auch bei denen keine Probleme. Der Soundtrack hingegen ist mir nicht besonders im Kopf geblieben. Ein paar Melodien sind zwar sehr atmosphärisch, aber ein Lied, das mich sofort an das Spiel erinnert, gibt es nicht.

Fazit:

Mass Effect: Andromeda hat vor allem einen mühseligen Start. Am Anfang muss man sich mit vielen uninteressanten Aufgaben herumschlagen und auch die Story ist zunächst noch etwas unspektakulär. Mit der Zeit nimmt das Spiel jedoch an Fahrt auf, man wird mit mehr spannenden Missionen beauftragt und die Geschichte entwickelt sich ebenfalls gut. Zwar bleiben einige Schwächen wie die offenen Spielewelten, welche das Gameplay ziemlich abbremsen, etwas länger bestehen, doch irgendwann zieht das Spiel den Spieler in seinen Bann und lässt ihn bis zum Ende nicht mehr los. So wird das Spiel doch noch zu einer spaßigen Reise, die mit über 100 Stunden Spielzeit auch einiges zu bieten bereithält, auch wenn hier und da der Eindruck entsteht, dass den Entwicklern ein bisschen die Ideen ausgegangen sind.

Ich vergebe 8,5/10 Punkte an Mass Effect: Andromeda.